In dieser Anleitung kannst du lernen perspektivisch zu zeichnen. Die Anleitung bezieht sich dabei nicht nur auf Bilder, die du mit dem Airbrush malen willst. Vielmehr sind die hier beschriebenen Grundlagen ganz allgemein auf jede Technik anwendbar – ganz egal ob Airbrush, Zeichnung, Malerei usw.
Zunächst wollen wir uns jedoch ansehen, wie die Perspektive in unserem Auge entsteht.
Wie die Perspektive in unserem Auge entsteht
Wenn du perspektivisch zeichnen möchtest, ist es wichtig, dass du dich zunächst damit auseinander setzt, wie Perspektiven funktionieren.
Licht, das von Gegenständen reflektiert wird – denn nur bei Licht sehen wir -, fällt als ein unmittelbarer Strahl vom Objekt in dein Auge. Dabei wird ein spiegelverkehrtes Abbild der Welt auf der Rückseite der Netzhaut projiziert. Genau so funktioniert die perspektivische Darstellung in der Zeichnung.
Um diese Information in eine perspektivische Zeichnung umzusetzen, gibt es verschiedene Methoden. Das Zeichnen mit der Fluchtpunktperspektive ist dabei eine der gängigsten Methoden, um perspektivische Tiefe in zweidimensionale Bilder zu bringen. Einige Dinge musst du wissen und beachten, um mit den ersten perspektivischen Konstruktionen starten zu können.
Grundelemente und Begriffe
Die Horizontlinie
Genau waagerecht verläuft der Horizont, das gilt nicht nur für die ungezeichnete Welt, sondern auch für Bilder, Fotos und Filme. Die Horizontlinie verläuft als waagerechte Linie, welche Boden und Himmel voneinander trennt. Dies gilt bei Naturzeichnungen, wo sich Himmel und Erde treffen, für den natürlichen Horizont des Meeres, aber genauso für den Saum, an dem Boden und Wand sich treffen.
Um ein dreidimensionales Raumverständnis zu vermitteln, ist es wichtig, zunächst diese Linie zu ermitteln. Ohne einen Bezug zwischen verschiedenen Ebenen des Raums (wie der senkrecht zum Betrachter angeordnete Boden und der parallel zum Betrachter angeordnete Himmel sie darstellen), ist es kaum möglich, beim Betrachten eines Bildes räumliches Empfinden zu verspüren.
Der Fluchtpunkt – Hier laufen alle Linien zusammen
Parallele Linien treffen sich in der Unendlichkeit. Dies ist eine mathematische Grundweisheit aus der geometrischen Betrachtung, die auch in der Zeichenkunst eine tiefere Bewandtnis hat.
Werden Parallele Linien aus einem Winkel betrachtet, so laufen diese in einer perspektivischen Zeichnung auf einen gemeinsamen Fluchtpunkt zu.
In einer Fluchtpunktperspektive laufen alle Linien, die nicht parallel zum Horizont verlaufen, auf einen Fluchtpunkt zu. Linien, die parallel zueinander sind, teilen sich einen gemeinsamen Fluchtpunkt. Sämtliche Fluchtpunkte, die mit dem Untergrund zu tun haben, befinden sich dabei auf der Horizontlinie.
Theoretisch klingt dieses Fachwissen zur Perspektive sehr überladen, in der praktischen Anwendung ist es aber recht simpel.
Fluchtpunkt finden und Linien zusammenführen
Zunächst einmal beginnst du deine Zeichnung, indem du eine Horizontlinie einzeichnest. Diese muss nicht in der Bildmitte liegen. Liegt sie im unteren Bereich der Zeichnung, entsteht in der Regel eine Froschperspektive; liegt sie dagegen höher, entsteht hingegen eher Vogelperspektive. Diese verschiedenen Perspektiven funktionieren bei verschiedenen Motiven unterschiedlich gut. Denn die Wahl des Betrachtungspunktes beeinflusst das Verständnis des Betrachters zur Räumlichkeit des Bildes. Bauklötze etwa würden klassisch mit einer Vogelperspektive assoziiert, eine Stadt aus der Vogelperspektive vermittelt uns ebenso einen höheren Aussichtspunkt. Die Wahl der Höhe des Betrachtungspunktes ist ein wesentliches Mittel der künstlerischen Komposition eines Bildes.
Markiere auf der Horizontlinie einen Fluchtpunkt, dieser entscheidet wesentlich über die Sichtweise und die Aufmerksamkeit des Bildes. Die Zentralperspektive ist klassisch für das Zeichnen einer Fluchtpunktperspektive und arbeitet mit einem einzelnen Fluchtpunkt für ein Objekt. Dies gibt Bildern eine Erhabenheit und Symmetrie. Bei einigen Motiven (gerade bei architektonischen Strukturen) kann diese Symmetrie auch schnell gigantomanisch wirken.
Wenn du perspektivisch zeichnen üben möchtest und noch am Anfang stehst, so eignen sich streng gerade Konstruktionen mit deutlichen Mustern am besten. Ein Boden mit Schachbrettmuster, Reihen aus Säulen, eine klar abgegrenzte Wand: All dies vermittelt dir schnell einen Eindruck von räumlicher Anordnung.
Perspektivisch zeichnen Schritt für Schritt
Für erste Übungen mit der Perspektive eignet sich die schrittweise Konstruktion eines Quader. Zunächst zeichnest du eine Linie parallel zur Horizontlinie, von ihr aus führst du Tiefenlinien auf den Fluchtpunkt zu und begrenzt diese mit einer weiteren parallelen Linie. Nun hast du eine viereckige Fläche, welche auf dem Boden liegt.
Ziehst du nun von den vier Eckpunkten Linien senkrecht in die Höhe und begrenzt diese mit einer weiteren parallel zur Horizontlinie angeordneten Linie, so hast du eine gute Grundlage für einen Quader. Führe die beiden entstandenen oberen Eckpunkte zum Fluchtpunkt. Diese schneiden die hinteren Senkrechten und begrenzen den Quader so.
Wie du sicherlich schon bei dieser zeichnerischen Konstruktion feststellst, entsteht viel Überhang in der Zeichnung. Ein guter Radiergummi, zum Entfernen der Konstruktionslinien ist also unabdinglich.
Die Projektion auf einen Fluchtpunkt hat aber einen entscheidenden Nachteil, sie bezieht sich auf Objekte, die parallel zum Betrachter angeordnet sind. Steht ein Objekt schräg zum Betrachter, so benötigst du zwei verschiedene Fluchtpunkte. Dies ist oft technisch anspruchsvoll, da die Fluchtpunkte oft nicht mehr innerhalb des Zeichenbogens liegen. Ein großer Schreibtisch mit zusätzlichen Blättern zu beiden Seiten hilft dir dabei, beide Fluchtpunkte so anzuordnen, wie du es dir vorstellst – ohne dass dich die Größe deines Arbeitsblattes in der perspektivischen Darstellung limitiert.
Grob gesagt bedeutet dies für deine Zeichnungen: Ebenen parallel zum Betrachter benötigen einen Fluchtpunkt entlang, steht das Objekt schräg zum Betrachter, so musst du mit zwei verschiedenen Fluchtpunkten arbeiten. Man spricht hier auch von einer Übereckperspektive.
Vom Kleinen ins Große
Perspektivisch zeichnen mit der Fluchtpunktperspektive ist ein geometrisch mathematisches Verfahren und damit vergleichsweise einfach. Die Anwendung einer Fluchtpunktperspektive funktioniert für einen Würfel genauso wie für einen Polydekaeder oder ein komplexes Konstrukt von Ornamenten. Es ist nur eine Frage des zeitlichen und zeichnerischen Aufwandes. Beliebig viele verschieden angeordnete Ebenen, haben auch beliebig viele verschiedene Fluchtpunkte. Ein Stapel angehäufter Zeitschriften etwa ist ein gutes Übungsobjekt für fortgeschrittene perspektivische Konstruktion.
Das Verständnis der Fluchtpunktperspektive ist allerdings unabdinglich für die Anwendung geometrischer Konstruktion und das Erzeugen räumlicher Tiefe.
Räumliche Perspektive erzeugen
Letztlich dient die Fluchtpunktperspektive schließlich dazu, dem Betrachter sehr anschaulich ein Bild von räumlicher Tiefe zu geben. Hierzu dient unser alltägliches, räumliches Verständnis als Hilfsmittel, schließlich ist die Fluchtpunktperspektive ein mathematisches Verfahren. Sehen wir etwa zwei Personen im Bild, von denen die erste halb so groß ist wie die zweite, so vermuten wir nicht einen Zwerg und einen Riesen, sondern wissen instinktiv, dass die erste Person doppelt so weit vom Betrachtungspunkt entfernt ist wie die zweite.
Perspektive kann schließlich nichts anderes, als das räumliche Empfinden des Menschen „vorzutäuschen“. Sie ist ein Hilfsmittel, um einer zweidimensionalen Kunst, eine dritte Dimension hinzuzufügen.
Buchempfehlung (Anzeige)
In meinem Buch Perspektive & Raum zeichnen sind viele weitere Beispiele zu finden. Es werden darin die unterschiedlichsten Raumsituationen beschrieben und wie man diese perspektivisch zeichnen kann. Es geht dabei auch um die Darstellung von Schatten in der Perspektive, wiederholende Geometrie, Kreise, Torbögen und vieles mehr.
Außerdem widme ich mich in einem eigenen Kapitel dem Thema der proportionsgetreuen perspektivischen Darstellung. Hier kann mit Hilfe eines Grundrisses eine besonders realitätsnahe perspektivische Zeichnungen erstellt werden.
Und hier noch ein paar hilfreiche Links:
Perspektivisch zeichnen lernen
Zentralperspektive zeichnen – Tutorial
Arten der perspektivischen Darstellung
Perspektivisch Zeichnen – Grundlagen
Mit diesen letzten Hilfestellungen möchte ich das Tutoral zum perspektivischen Zeichnen schließen und wünsche allen viel Erfolg und Vergnügen. Und immer daran denken: Übung macht den Meister.